Education in motion

Eine Veranstaltungsreihe der Bildungsagenda NS-Unrecht

Seit 2021 fördert die Stiftung EVZ auf Initiative und mit Zuwendungsmitteln des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) im Rahmen der Bildungsagenda NS-Unrecht Projekte der historisch-politischen Bildungsarbeit, die sich den gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen der Gegenwart stellen - in Deutschland und Europa. Ziel ist die geschichtsbewusste, aktivierende Vermittlung der Lehren aus der NS-Vergangenheit und die Sichtbarmachung von Erfahrungen der von Verfolgung Betroffenen. 

Dabei bedienen sich die geförderten Projekte interdisziplinär und multiperspektivisch unterschiedlicher Formate und Ansätze: Partizipative Theater- und Ausstellungskonzepte, Archive und Bilddatenbanken zur NS-Geschichte, berufsgruppenorientierte Bildung gegen Diskriminierung, ortsspezifische Apps und Serious Games wie auch neue Wege der Erinnerung für Gedenkstätten schaffen Sichtbarkeit und fordern Auseinandersetzung ein, mit einem besonderen Augenmerk auf jüngere Generationen.

Mit der Veranstaltungsreihe „Education in Motion“ möchte die Stiftung EVZ die im Rahmen der Projekte gesammelte Expertise einem Fachpublikum und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen und an aktuelle Diskurse anknüpfen. Geplant sind vier öffentliche Veranstaltungen im Jahr 2023 und 2024, welche im Format mit einführendem Keynote-Talk und anschließendem Fachgespräch auf dem Podium durchgeführt werden. Die vier Veranstaltungen repräsentieren dabei die vier inhaltlichen Cluster des Förderprogramms hinsichtlich ihrer Besonderheiten.

Folge 1: Alles »Versöhnungstheater«? Künstlerische Zugänge in der bildenden Erinnerungsarbeit


Format: digitale Keynote von Max Czollek mit anschließendem Fachgespräch auf dem Podium
Podiumsteilnehmer:innen: Mai-An Nguyen (Leiterin der Theaterpädagogik der Schaubühne Berlin), Martina Droste (Leiterin des Jungen Schauspiels Frankfurt), Thomas Blum (Theaterpädagoge des Theaters der Jungen Welt Leipzig) und beteiligte Jugendliche
Moderation: Dr. Sonja Begalke (Fachreferentin der Stiftung EVZ)
Zeit: 18:15-19:45 Uhr am Freitag, den 17. März 2023 
Ort: Kleiner Saal im Theater der Jungen Welt Leipzig 

Auf dem Youtube-Kanal der Stiftung EVZ befindet sich eine Livestream-Aufnahme des Events.

Erinnerungskultur im Theater

Von manchen wird die deutsche Erinnerungskultur als ritualisiert und starr kritisiert und neue Wege für ein lebendiges Erinnern an das NS-Unrecht und den Holocaust werden gefordert: geschichtsbewusst, sensibel für die Kontinuitäten – personell und in den Köpfen – und aktivierend für ein demokratisches und humanistisches Handeln in der Gegenwart. 

In seiner aktuellen Streitschrift „Versöhnungstheater“ etwa analysiert der Autor und Lyriker Max Czollek, dass die deutsche Erinnerungskultur mit ihrer Versöhnungsrhetorik dazu diene, dass sich Deutschland als gutes und geläutertes Land neu erfinden könne. Dieses positive Selbstbild Deutschlands, dass sich so mustergültig an den Holocaust erinnere, ziele dabei auf ein Aussöhnen mit der eigenen deutschen Vergangenheit und nicht auf ein aufrichtiges Erinnern an die Opfer und ein entschiedenes Handeln in der Gegenwart, dass sich diese Katastrophe nicht wiederholt. Und so stehe die deutsche Vergangenheit auch nicht als Ressource für eine demokratische, plurale Gegenwart, „sondern als Warnung davor, wie schlimm die Dinge werden können, wenn wir nicht aufpassen.“ 

Wie kreieren die Theaterprojekte der Bildungsagenda NS-Unrecht eine lebendige und empathische Erinnerungskultur? Sind sie ihrem eigenen Anspruch gerecht geworden mit künstlerischen Zugängen Menschen zu erreichen, die sich eher nicht für die komplexe NS-Geschichte und den Holocaust interessieren? Inwiefern haben die Projekte zu einem aufrichtigen, lebendigen und kritischen Erinnern beigetragen, welches deutlich macht, dass mit der Vergangenheit auch die Zukunft die Gesellschaft verhandelt wird? Und wie wichtig ist es, dass Jugendliche aktiv teilnehmen, d.h. auch bei der Entwicklung der Stücke mitgestalten können und in ihrer Vielfalt wahrgenommen und gestärkt werden? 

Darüber diskutierten wir mit den Theaterschaffenden Mai-An Nguyen (Leiterin der Theaterpädagogik der Schaubühne Berlin), Martina Droste (Leiterin des Jungen Schauspiels Frankfurt), Thomas Blum (Theaterpädagoge des Theaters der Jungen Welt Leipzig) und beteiligten Jugendlichen. Max Czollek leitete das Fachgespräch mit einer digitalen Keynote ein. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Sonja Begalke (Fachreferentin bei der Stiftung EVZ).

Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit dem Theater der Jungen Welt Leipzig durchgeführt. Das TDJW lud zudem zu einem Fachtag  im Rahmen der Abschlussveranstaltung des Projektes MIRROR // MIRROR ein, der zugleich weitere Projekte aus dem Cluster „Bilden in kulturellen Räumen“ aus dem Förderprogramm Bildungsagenda NS-Unrecht der Stiftung EVZ vorstellte. Informationen zu Inhalt und Anmeldung finden sich im Programm

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Max Czollek

Erinnerungskultur muss lebendig bleiben und muss deshalb auch immer wieder neu gedacht werden. Und schon klar, dass dabei nicht weniger auf dem Spiel steht als die Frage, wie diese Gesellschaft sich selbst versteht und wen sie einbezieht in dieses „wir“. Denn die Geschichte derjenigen, derer erinnert wird, bestimmt auch, wer dazu gehört und das gilt natürlich auch für das Publikum, für die diese Geschichte aufgeführt wird. Mit diesem Sinne kann es gar nicht um eine richtige Art des Erinnerns gehen, sondern um eine Öffnung des Erinnerungsraumes für Perspektiven und Geschichten, die wir vielleicht gegenwärtig noch weniger präsent haben.
Max Czollek
Autor und Lyriker

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