„Ewige Zuchthäusler?!“ – Entschädigung für Justizverurteilte und die individuellen sowie gesellschaftlichen Auswirkungen

Die im Nationalsozialismus inhaftierten und hingerichteten Justizverurteilten sind eine in der Erinnerungskultur oft vernachlässigte Verfolgtengruppe. Ihre Geschichten stehen im Fokus des Projektes „Ewige Zuchthäusler?!“.

Über einen Zeitraum von zwei Jahren hat das Projektteam am Beispiel des ehemaligen Strafgefängnisses Wolfenbüttel zum Thema Entschädigung geforscht, Interviews geführt und Vermittlungsangebote entwickelt.

Drei Länder

Der Umgang mit den NS-Justizverurteilten und ihren Angehörigen nach 1945 war in den westeuropäischen Ländern unterschiedlich. Manche wurden als Widerstandskämpfer:innen geehrt und erhielten schnell finanzielle Unterstützung nach dem erlittenen Unrecht. Andere kämpften jahrzehntelang vergeblich um Anerkennung und Entschädigung. Die Projektwebsite bietet Informationen über die landesspezifischen Regelungen zu Entschädigungszahlungen und den gesellschaftlichen Umgang mit den NS-Justizverurteilten in Belgien, Norwegen und den Niederlanden.
Im Verlaufe des Krieges waren etwa 2.000 Personen aus diesen drei Ländern im Strafgefängnis Wolfenbüttel inhaftiert, die sich auf unterschiedliche Weise gegen die deutsche Besatzung aufgelehnt hatten. Das Zusammenführen der Länderperspektiven ermöglicht den Vergleich der Unterschiede in der Entschädigungspraxis.

Sieben Biografien

Wie wurden die Leben der Justizverurteilten und ihrer Familien durch die nationalsozialistische Verfolgung geprägt? Und welche Rolle spielten Entschädigungszahlungen nach 1945 für die Betroffenen? Die im Projekt erforschten Biografien und ihre individuellen Erfahrungen sind so unterschiedlich wie die Verfolgungsgründe und Herkunftsländer. Die Geschichten der Betroffenen und ihrer Angehörigen zeigen, dass das Thema Entschädigung bis in die Gegenwart hineinwirkt.

Neue Vermittlungsangebote

Wie kann die Geschichte der Entschädigung für nationalsozialistisches Unrecht vermittelt und zur kritischen Auseinandersetzung in der Gegenwart genutzt werden? Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel hat neue Workshops und Bildungsmaterialien zum Thema „Entschädigung für NS-Justizverurteilte“ entwickelt. Das Bildungsangebot ist für verschiedene Anforderungs- und Altersstufen konzipiert. Es richtet sich insbesondere an Studierende und an Beschäftigte aus den Bereichen Justiz und Strafvollzug. Die Bildungsmaterialien stehen kostenlos zum Download bereit, sind ortsunabhängig nutzbar und können in anderen Bildungseinrichtungen wie auch von Trägern außerschulischer Bildung angewendet werden.

Datenblatt

Kooperationspartner:innen:
Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte
Hogeschool VIVES
Förderland: Belgien, Norwegen und Deutschland
Laufzeit: 1.10.2022 – 30.09.2024

zur Projektwebsite

Mehr zum Projekt

Bildungsagenda NS-Unrecht

Das Magazin der Bildungsagenda NS-UnrechtDas Magazin der Bildungsagenda NS-Unrecht

Die Bildungsagenda NS-Unrecht startete im Herbst 2021 mit zwei Gewissheiten: Erstens, die Generation der Überlebenden geht leider von uns. Damit können immer seltener Zeitzeug:innen von den Gräueltaten der Nationalsozialisten berichten. Zudem bewegen wir uns zunehmend, und das ist die zweite Gewissheit, in Kontexten, in denen die Grenzen zwischen Fiktion und Fakt verwischen. Unter diesen Bedingungen sind die Auseinandersetzung mit NS-Unrecht und die historisch-politische Bildungsarbeit auf neue Lernwege und innovative Vermittlungsformen angewiesen. Im Magazin der Bildungsagenda NS-Unrecht stellen wir das Förderprogramm, Projekte und aktuelle Debatten vor.