
© Alina Simmelbauer
© EuroClio
Das Grundgesetz der heutigen Bundesrepublik Deutschland verbietet es, Menschen unter anderem aufgrund ihres Geschlechts, ihrer religiösen Anschauung oder körperlicher Voraussetzungen unterschiedlich zu behandeln. Leider erleben viele Bürger:innen in der Praxis etwas ganz anderes. Tagtäglich werden zahlreiche Bürger:innen Opfer von Behindertenfeindlichkeit, Antiziganismus, Antisemitismus, Diskriminierung, LGBTIQ-Feindlichkeit, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Ein solcher Mangel an Gleichbehandlung kann die demokratischen Werte und Systeme gefährden und Nährboden für Hass- und Diskriminierungsnarrative schaffen. In der Vergangenheit waren unterschiedliche historische und politische Regime für ihre repressiven und diskriminierenden Systeme bekannt. Dabei dürfte das NS-Regime das markanteste Beispiel der jüngeren Geschichte darstellen, dessen Folgen über seine Grenzen hinaus europaweit zu spüren waren.
Schüler:innen erhalten durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Visualisierung der Erfahrungen der Verfolgten, die Gelegenheit ihre demokratischen Überzeugungen zu stärken und im Alltag erlebter Behindertenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und LGBTIQ-Feindlichkeit entgegenzutreten. Indem sie im Rahmen dieses Projekts über die Opfer der Nationalsozialisten in der Vergangenheit forschen, werden junge Menschen in Europa dazu angeregt, ein tieferes Verständnis für die Wurzeln gegenwärtiger Diskriminierung zu entwickeln.
Dieses Projekt zielt darauf ab, das Wissen über die Opfer der Nationalsozialisten zu vertiefen. Dabei erfolgt die Umsetzung durch ein interdisziplinäres länderübergreifendes Team aus Geschichtsdidaktiker:innen, Expert:innen für die Geschichte des Nationalsozialismus und Museumspädagog:innen in enger Zusammenarbeit mit Jugendlichen und Gemeindemitgliedern. Hauptziel des Projektes ist, europaweit junge Menschen mit einem tieferen Verständnis für die Wurzeln gegenwärtiger Diskriminierung auszustatten. Den jungen Teilnehmer:innen wird die Gelegenheit gegeben, über aktuelle Herausforderungen zu reflektieren, indem sie zu den Opfern der Nationalsozialisten forschen und dabei die Umsetzung folgender Ziele verfolgen:
Schüler:innen sollen fundiertes Wissen über all die Opfergruppen erhalten, insbesondere derer, die bislang weniger Aufmerksamkeit erhalten haben. Dazu zählen bspw. Roma, Sinti, People of Color, Opfer von Euthanasie, Menschen mit funktionaler und geistiger Behinderung, LGBTIQ, religiöse Minderheiten sowie als asozial eingestufte Menschen und politische Dissident:innen und Aktivist:innen.
Eines der Ziele ist, Schüler:innen anhand einer Kombination aus unkonventionellen Methoden, wie bspw. Spiele, Fernsehserien oder Bücher, und von Lehrer:innen ausgewählten historischen Quellen Geschichtswissen zu vermitteln. Ergänzt wird dies durch ortsbezogenes Lernen in Museen, an Gedenkstätten, in Archiven und NGOs. Durch den Einsatz einer schrittweisen Vorgehensweise haben die Schüler:innen mehr Möglichkeiten, ihr bevorzugtes Lernmedium zu wählen, zu entscheiden, welche Orte sie besichtigen und welche Quellen sie für weitere Informationen zurate ziehen möchten.
Projektvideo: Das Projekt zielt darauf ab, Filmaufnahmen von unmittelbar am Projekt beteiligten Schüler:innen und Lehrer:innen zu produzieren. In einem Video sollen die Zielsetzung des Projekts erläutert, die praktische Umsetzung aufgezeigt und Lehrkräfte davon überzeugt werden, sich mit dem Toolkit vertraut zu machen und es zu nutzen.
Das Toolkit beinhaltet eine Schritt-für-Schritt-Anleitungen zur Gestaltung von Geschichtsprojekten für Schüler:innen, Hilfsmaterialien (z. B. Peer-to-Peer-Tutorials) für jeden Schritt, einschließlich Vorbereitung und Evaluation. Das Toolkit wird in die Amtssprachen der Länder übersetzt, in denen die Geschichtsprojekte der Schüler:innen stattfinden. Darüber hinaus soll ein Forschungsbericht zur Wirksamkeit des Projekts im Hinblick auf die Lernergebnisse erstellt werden. Zum Projektende werden sowohl ein Toolkit entwickelt, das auf Grundlage der Erfahrungen aus von Jugendlichen getragenen Geschichtsprojekten in sechs Ländern beruht, als auch Wirksamkeitsnachweise für diese Projekte sowie Materialien erstellt, um das Potenzial dieses Ansatzes zu bewerben.
Das Max Mannheimer Studienzentrum ist eine außerschulische Bildungseinrichtung, die vor allem jungen Menschen aus aller Welt eine intensive Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte ermöglichen möchte. Das Max Mannheimer Studienzentrum führt eine Reihe von Projekten durch, zu denen u.a. internationale Jugendaustausche gehören, und bietet Bildungsprogramme für Schulen, (angehende) Lehrkräfte und NGOs. Schwerpunkt ist die Untersuchung und Auseinandersetzung mit der NS-Zeit im Gesamten unter besonderer Betrachtung der Geschichte des KZ Dachau.
EuroClio ist eine 1992 gegründete gemeinnützige zivilgesellschaftliche Organisation. In mehr als 50 Ländern verknüpft EuroClio derzeit 84 Verbände bestehend aus Lehrer:innen und Pädagog:innen in Geschichte, Kulturerbe und Bürgerbildung sowie nahestehende Einrichtungen miteinander. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Entwicklung einer verantwortungsvollen und innovativen Bildung in den Bereichen Geschichte, Kulturerbe und Bürgerkunde zu unterstützen. Mittels der umgesetzten Projekte und Aktivitäten sollen kritisches Denken, gegenseitiger Respekt, Stabilität und Demokratie gefördert werden. EuroClio besitzt den offiziellen UNESCO-NGO-Status und ist Mitglied des INGO Forums des Europarats, des DARE Netzwerks und der Lifelong Learning Platform. Über 68 nationale, regionale und gesamteuropäische Projekte wurden seit 1992 von EuroClio umgesetzt. Dabei erreicht die Organisation im Jahresdurchschnitt etwa 15.000 Bildungsfachkräfte in Europa und weltweit in persönlichen Begegnungen.
Projektpartner:innen:
Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung
Post Bellum, Tschechische Republik
Tolerspace Kyiv Educational Center
Förderland: Deutschland
Laufzeit: November 2021 bis Dezember 2022