Mit dem Förderprogramm local.history unterstützt die Stiftung EVZ lokal und regional aktive Geschichtsinitiativen aus Mittel- und Osteuropa. Gefördert werden Projekte zur Aufarbeitung und Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges. Die Projekte setzen sich thematisch mit Orten, Personen und Ereignissen der nationalsozialistischen Geschichte auseinander.
Über den lokalen Bezug findet die Auseinandersetzung mit Aspekten der Verfolgung im Nationalsozialismus statt: beispielsweise der NS-Zwangsarbeit, die Verfolgung von Sinti:ze und Romn:ja, von Menschen mit Behinderung oder Widerstandskämpfer:innen. Lokale Akteur:innen und verschiedene Zielgruppen nehmen teil, um eine zeitgemäße und inklusive Erinnerungskultur zu schaffen. Damit erreichen sie die Bevölkerung vor Ort. Der Stiftung EVZ ist es wichtig, dabei Verbindungen zu aktuellen Debatten in der Gesellschaft aufzugreifen und Fragen zur Geschichte aus heutiger Perspektive zu stellen.
Mit ihrem Jahresthema #WatchOutHstry blickt die Stiftung EVZ auf die Fragen: Welche Chancen bietet Lokalgeschichte – und wo lauern die Fallstricke? Wo sind Leerstellen in unseren Erinnerungskulturen und vergessene Orte der NS-Geschichte? Projektträger aus Polen berichten in einer Reportage.
Was möchte der Projektträger und die Stiftung EVZ mit dem Projekt bewirken?
Die Kunstaustellung "Shout, Sister, Shout!" erzählt die Geschichte der jüdischen Frauen von Bytom, die in der NS-Zeit ausgegrenzt und ermordet wurden. Sie stellt historische und aktuelle Ausgrenzungserfahrungen von Frauen einander gegenüber und schlägt so eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das Projekt regt zum Reflektieren an, indem es nach individueller und kollektiver Verantwortung fragt, nach der Bedeutung einer aktiven Bürgerschaft oder danach, wie bestimmte Faktoren demokratische Werte zerstören konnten und können.
Wer macht mit und wen erreicht das Projekt?
Das Kronika Centre of Contemporary Art führt seit 30 Jahren kritische, soziale und pädagogische Aktivitäten durch und arbeitet mir Künstler:innen und Kunstzentren in Polen und im Ausland zusammen. Auch an "Shout, Sister, Shout!" beteiligten sich zahlreiche Künstler:innen. Der Ausgangspunkt der Ausstellung ist lokal verankert und erreicht die Bevölkerung vor Ort.
Warum fördert die Stiftung gerade dieses Projekt?
Kurator:innen und Künstler:innen stellen sich immer wieder Fragen nach den Potenzialen und Möglichkeiten von Kunst. Das Projekt erprobt, wie Kunstformate für historische und aktuelle Themen genutzt werden können: Das Kernstück des Projekts, die zeitgenössische Kunstausstellung, ist als pädagogisches Tool konzipiert.
Projektträger: Kronika Centre of Contemporary Art
Förderzeitraum: 2023-2024
Fördersumme: 59.926 Euro
Förderland: Polen
Webseiten: Shout, Sister, Shout! | Exhibitions | Kronika CCA
Die polnische Stadt Nowy Sącz und ihre Bürger:innen erlebten durch die deutsche Besetzung während der NS-Zeit starke Veränderungen. Diese historischen Spuren sind in Nowy Sącz jedoch weitgehend unsichtbar – anders als beispielsweise in Warschau, wo man innerhalb der Stadt den ehemaligen Verlauf des Warschauer Ghettos nachverfolgen kann. Im Projekt entstanden ein virtueller Stadtplan, Kurzfilme, Podcasts sowie Audio- und Videozeugnisse auf Englisch und Polnisch, die lokale Spuren und Ereignisse wieder sichtbar machen.
Die Karte wird an Schulen aller Stufen (einschließlich der Universität für Senior:innen) als Quelle genutzt. Auch für die lokalen und gesamtpolnischen Tourismusorganisationen soll die Karte praktisch nutzbar sein. Fünf weitere Einrichtungen und Organisationen der Stadt schlossen sich dem Projekt an, darunter ein Kulturzentrum, die öffentliche Bibliothek und die Evangelisch-Augsburgische Kirchengemeinde.
Das Projekt verbindet lokale Geschichte und Tourismus heute. Es hat eine große Bedeutung für die Region und fungiert als Best Practice für weitere Initiativen und Orte. Der Webseiteninhalt ist nachhaltig sichtbar und kann ausgebaut werden.
Projektträger: Fundacja Nomina Rosae Ogród Kultury Dawnej
Förderzeitraum: 2021–2023
Fördersumme: 45.000 Euro
Förderland: Polen
Webseiten:
Projekt: www.wojennysacz.pl
Träger: https://nomina.pl/en
Über die sogenannten „Ausländerkinderpflegestätten“ ist in Deutschland nur sehr wenig bekannt, obwohl etwa 50.000 bis 70.000 Kleinkinder von Zwangsarbeiter:innen in diesen Baracken umgekommen sind. Das Projekt soll die Erinnerung an die Schicksale der Opfer wachhalten und in der deutschen Erinnerungskultur verankern.
Der Heimatverein Indersdorf arbeitet seit Jahren daran, an die Kinder und die Neugeborenen der Zwangsarbeiter:innen zu erinnern. Über die Vereinswebseite und QR-Codes vor Ort erreicht das Projekt sowohl die lokale Bevölkerung in und um Indersdorf, als auch Tourist:innen und Interessierte.
Die Stiftung EVZ fördert das Projekt, weil es ein bisher wenig bekanntes Kapitel der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus ausleuchtet und Menschen vor Ort die Möglichkeit gibt, sich aktiv mit der lokalen Geschichte auseinanderzusetzen.
Projektträger: Heimatverein Indersdorf
Förderzeitraum: April-Oktober 2021
Fördersumme: 12.237 Euro
Förderland: Deutschland
Webseite: Weg des Erinnerns | Heimatverein Indersdorf e.V. (heimatverein-indersdorf.de)
Das Projekt soll Frankfurter:innen eine ganz eigene Auseinandersetzung mit der Zeit des NS ermöglichen und durch die persönliche Spurensuche zeigen, wie plural das Erinnerungskollektiv ist. Der partizipative Ansatz soll neue Erinnerungen und Geschichtsbezüge freilegen.
Insgesamt 38 Frankfurter:innen nehmen am Stadtlabor des Historischen Museums Frankfurt teil. Mit seinem Ausstellungsformat erreicht das Projekt eine breite Öffentlichkeit. Eingebettet ist die Stadtlabor-Ausstellung in eine umfassende Gesamtschau zu Frankfurt und dem NS.
Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Beantwortung der Frage: Wie kann eine moderne, zeitgemäße und inklusive Erinnerungskultur aussehen? Es regt weiter dazu an, das Erinnern offen und vielfältig zu denken.
Projektträger: Historisches Museum Frankfurt
Förderzeitraum: 2021-2022
Fördersumme: 15.000 Euro
Förderland: Deutschland
Webseite: historisches-museum-frankfurt.de/stadtlabor/auf-spurensuche-im-heute; historisches-museum-frankfurt.de/de/frankfurt-und-der-ns
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