Im Gespräch: Konrad Kutt, Pädagoge, Initiator und ehrenamtlich Engagierter für die Bücherboxx

Welche Idee und welche Macher stehen hinter der Bücherbox?

Die Grundidee der "Nachhaltigen BücherboXX" ist das Teilen und Tauschen von Büchern in der Nachbarschaft. Bring ein Buch, nimm ein Buch, lies ein Buch lautet das Motto. Ein zweiter Kreislauf mit leichtem Zugang zum zufälligen Buch soll ermöglicht werden. Die von uns entwickelten BücherboXXen haben zudem einen berufspädagogischen Anspruch mit einer nachhaltigen, berufsfachlichen, kulturellen und politischen Zielsetzung. Auszubildende und Berufsschüler mehrerer Gewerke sollen am Ausbau eines alten Telefonhäuschens im Sinne einer projektorientierten Ausbildung einbezogen werden. Die BcherboXX Gleis 17 bezieht sich im Design und der Nutzungsoption auf das gegenüberliegende Mahnmal. Es sollen Bücher bereitgestellt und mitgenommen werden, die inhaltlich zu diesem Ort des Geschehens passen, von dem aus mehr als 10 000 jüdische Männer, Frauen und Kinder deportiert und ermordert wurden. Mit einer Audiobox gab es durch Knopfdruck die Möglichkeit, ausgewählte kurze Texte und Musikstücke zu hören. Das Tagebuch der Anne Frank konnte man als eine Kostprobe in verschiedenen Sprachen "mitnehmen". Eigens zum Gleis 17 von Tal Koch komponierte Lieder waren zu hören. Zu den Büchern gehörtem: Grunewald-Rampe, Das kurze Leben der Sophie Scholl, Die Kinder von Auschwitz, Überleben als Verpflichgung. Vor kurzem hatten wir Feridun Zaimoglu mit dem Buch "Bewältigung" zu einer Lesung eingeladen.

 

Viele der Bücher hatten die Deportationen von Jüdinnen und Juden vom Gleis 17 zum Thema. Welche Rückmeldungen haben Sie von Lesern und Lesern dazu erhalten?

In den zwölf Jahren seit Bestehen dieser BücherboXX wurden ca, 20.000 Bücher ausgetauscht. Wieviel sich darauf genau auf die Deportationen beziehen, ist schwer zu sagen. Der biographische, thematische und historische Bezug ist äußerst vielfältig. An der BücherboXX sowie in einem nahegelegenen Kultur-Salon fanden regelmäßig Lesungen und Musikveranstaltungen statt, oft auch mit Zeitzeugen und der Frage "Wie konnte das geschehen?" Gespräche über Kindheit im Nationalsozialismus führten zu eigener Betroffenheit. Die Nachbarschaft hat sich auch mit einer Lese-Aktion im Bahnhof Grunewald am Holocaust-Gedenktag beteiligt. Für Besuchergruppen, insbesondere aus Israel waren die  hebräischen Lieder in der Audiobox ein emotionaler Höhepunkt.

 

Wie planen Sie den Wiederaufbau?

Die Solidarität und Spendenbereitschaft für den Wiederaufbau ist groß.  Viele sagen: Weitermachen, weitermachen. Der Verlust macht deutlich, was man verloren hat. Der Wiederaufbau wird geplant und findet statt. Wir suchen  noch ein geeignetes Telefonhäuschen. Der Prozess des Aufbaus soll sich wiederholen: Schulen werden beteiligt, der damalige Künster Rainer Ehrt wir wieder einbezogen, ebenso Zeitzeugen und Historiker. Offen ist noch, wie aus dem antisemitisch motivierten Brandanschlag gelernt werden kann, wie die ausgebrannte Ruine irgendwie erhalten bleiben kann. Gleichzeitig geht es um die Frage, wie die neue BücherboXX  dann in Zukunft und auf Dauer in technischer und erinnerungskultureller Hinsicht weiter betrieben werden kann.

 

Hier finden Sie mehr Informationen und Unterstützung für die Bücherboxx am Gleis 17.

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