© Viktor Tschowka
Überlebende des Genozids an den Rom:nja sind von den Folgen des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine besonders hart betroffen. Der Alltag der hoch betagten Menschen ist geprägt von großer Armut, Flucht und Retraumatisierung. Das Programm Latscho Diwes 2.0 ermöglicht ihnen den Zugang zu medizinischen, juristischen und sozialen Leistungen und stellt überlebenswichtige humanitäre Hilfen zur Verfügung.
Im Programm des Clusters "Handeln für Überlebende nationalsozialistischer Verfolgung" fördert die Stiftung zudem Projekte im Interesse der nachfolgenden Generationen und unterstützt Selbstorganisationen, die die soziale Teilhabe von Rom:nja verbessern, ihre Geschichte und Kultur sichtbar machen und/oder den eigenen Verein weiterentwickeln wollen. Beide Programmcluster richten sich auch an Romani Selbstorganisationen aus der Republik Moldau.
1. Sie leiden weniger materielle Not, ihre Gesundheit ist stabil, sie haben und nutzen den Zugang zu sozialen, medizinischen und/oder kulturellen Angeboten.
2. Überlebende des Genozids nehmen am gesellschaftlichen Leben der Gemeinde teil und füllen sich wertgeschätzt.
3. Rom:nja partizipieren als gleichberechtigte Bürger:innen ihrer Gesellschaft. Sie treten für ihre Rechte und gegen Antiziganismus ein und stärken die Resilienz ihrer Gemeinden.
4. Rom:nja kennen ihre eigene Geschichte und die ihrer Verfolgung. Sie halten die Erinnerungen an die Opfer des nationalsozialistischen Genozids lebendig.
5. Die Organisationen der Rom:nja sind arbeitsfähig und sowohl von ihren Gemeinden als auch in ihrem regionalen Umfeld anerkannt. Sie entwickeln Strategien, um auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen reagieren zu können.
© Serhij Chichak
Das Projekt unterstützt Überlebende, unter ihnen auch Binnenvertriebene in Ushhorod und Umgebung (Transkarpatien, Westukraine), um deren materielle, gesundheitliche und soziale Stabilität auch unter Kriegsbedingungen zu sichern. Gleichzeitig werden die Romani Strukturen gestärkt und die Teilhabe der Communities in der Region verbessert.
34 Rom:nja-Überlebende in Uschhorod und Umgebung erhalten humanitäre Güter, ihre Häuser werden repariert und sie nehmen regelmäßig am Gemeindeleben teil. 32 junge Rom:nja aus der Region werden in Rechten, Aktivismus und Leadership geschult und engagieren sich gleichzeitig im Projekt. Eine regionale Arbeitsgruppe, bestehend aus Romani Akteuren und Vertretern der kommunalen Strukturen, nimmt sich der Probleme der lokalen Communities an und beteiligt sich an der Umsetzung der nationalen Rom:nja-Strategie. Der Projektträger arbeitet dabei mit Rom:nja-Aktivist:innen, Kommunen, Behörden sowie mit NGOs der Mehrheitsgesellschaft zusammen.
NS-Überlebende zu unterstützen ist eine der Kernaufgaben der Stiftung EVZ. Der Krieg in der Ukraine hat diese gesellschaftliche und politische Aufgabe noch dringlicher gemacht. Der Träger verfügt über langjährige Erfahrung, kennt die Probleme der Zielgruppe und weiß diese zu mildern. Ebenso wichtig ist es, eine neue Generation von Aktivist:innen aus der Rom:nja Gemeinschaft zu bilden. Die vielseitigen Partnerschaften des Vereins stärken die Resilienz und verbessern das Ansehen der Rom:nja in der Region, die aktiv am Wiederaufbau der Ukraine mitwirken.
Projektträger: NGO „Gesellschaft der Roma Transkarpatiens“
Förderzeitraum: 2024-2026
Fördersumme: 74.900 EUR
Förderland: Ukraine
Website: –
© Nina Cușnir
Mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine hat sich die humanitäre Lage der Überlebenden des Genozids an den Rom:nja auch in der benachbarten Republik Moldau verschlechtert. Auch die Notlage und Diskriminierung gegenüber der gesamten Minderheit hat sich verschärft. Das Projekt verbessert die Lebenssituation der Überlebenden in vier moldauischen Städten und trägt zu mehr Verständnis seitens der Mehrheitsgesellschaft bei.
50 Überlebende des Genozids an den Rom:nja in Basarabiaska, Cimislia, Ryscani, Soroka (Süd- und Nordmoldau) bekommen Lebens- und Hygienemittel sowie Kohle nach Hause geliefert. Freiwillige unterstützen sie im Haushalt und beim Erhalt von staatlichen Leistungen. Student:innen der Filmhochschule drehen einen Dokumentarfilm zum Genozid der Rom:nja in Moldau mit Interviews von Projektbegünstigten und Kommentaren von Romani Historikern. Dieser wird anschließend in Regionalverwaltungen und an Schulen landesweit präsentiert sowie im Internet veröffentlicht. Ein Wissenschaftler aus der Community hält in mehreren Ortschaften, in denen Rom:nja und Mehrheitsbevölkerung zusammenleben, Vorträge zur Geschichte und Kultur der Rom:nja in Moldau. Zusätzlich schult der Träger im Laufe des Projekts die Mitarbeitenden einer unerfahrenen lokalen Selbstorganisation in der Projektumsetzung.
In der Republik Moldau gibt es kaum Romani Selbstorganisationen, die sich wie Tarna Rom seit vielen Jahren für NS-Überlebende aus der Community engagieren. Die Qualifizierung einer noch nicht aktiven Selbstorganisation durch learnig by doing trägt zum Ausbau der zivilgesellschaftlichen Strukturen bei. Die Erinnerungen der letzten Zeitzeugen an den national-sozialistischen Genozid an den Rom:nja in Moldau werden für die zukünftigen Generationen festgehalten, die Sicht der Rom:nja auf ihre Geschichte und Kultur wird an die breite Öffentlichkeit vermittelt. Durch mehr Wissen wird mehr Verständnis und Toleranz für die Rom:nja in der Gesellschaft gefördert.
Projektträger: Vereinigung junger Rom:nja „Tarna Rom“
Förderzeitraum: 2024-2025
Fördersumme: 59.900 EUR
Förderland: Republik Moldau
Website: –
Anzhelika Bielova, Ukraine
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Romni (ethnische Gruppe Serven), Feministin, Gründerin und Präsidentin der NGO „Vereinigung Romani Frauen – Stimme der Romni“ mit Filialen in vier ukrainischen Städten, Regionalvertreterin des Ukrainischen Frauenkongresses. Sprecherin bei den UNO- Foren für Fragen nationaler Minderheiten, den Dialogen des Europarates mit zivilgesellschaftlichen Organisationen der Roma und travellers, beim Isländischen Frauenkongress und dem Ukrainischen Frauenkongress.
Ich möchte, dass die Kompetenzen lokaler Rom:nja-Organisationen weiterentwickelt werden – institutionell, organisatorisch, technisch. Durch die Kompetenzförderung in den Bereichen Transparenz und Rechenschaftspflicht erwarte ich eine höhere Qualität der Förderung zum Unterstützen der Rom:nja Gemeinschaft in der Ukraine und eine Verbesserung der Lage von Roma und Romnja.
Ion Duminica, Republik Moldau
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Rom aus Moldau, Doktor der Politologie, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung „Rom:nja-Ethnologie“ im Institut des Kulturerbes der Republik Moldau. In den letzten 20 Jahren habe ich mehr als 50 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, u.a. zur Geschichte und Kultur, sozialen Integration sowie historischen Erinnerung an den Genozid moldawischer Rom:nja. Ich bin auch ein zivilgesellschaftlicher Aktivist, Geschäftsführer der gesellschaftlichen Rom:nja-Vereinigung „Porojan“ und Sekretariatsmitglied der nationalen Rom:nja-Koalition „Die Stimme der Rom:nja“ in der Republik Moldau.
Ich habe meiner Teilnahme im beratenden Gremium des Förderprogramms Latscho Diwes zugestimmt, um eine faire und detaillierte Bewertung der Anträge zu gewährleisten, die auf diverse Unterstützung von Überlebenden des Genozids während des Zweiten Weltkriegs ausgerichtet sind. Gerade jetzt ist die Umsetzung lokaler Projekte, die sich mit dem Sammeln von fragmentarischen Zeitzeugnissen und der sozialen Unterstützung der letzten betagten Zeugen des Genozids an den Rom:nja in der Republik Moldau und der Ukraine beschäftigen, sehr wichtig.
Serhij Yermoshkin, Ukraine
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einer der Gründer der Rom:nja-Bewegung in der Ukraine (seit 1989). Mehrmals haben mich unsere Rom:nja zum Vorstandvorsitzenden des Regionalen Romani Kongresses in Odesa und in verschiedene Ausschüsse und Beratungsgremien bei den staatlichen Strukturen gewählt, wo Lösungen für viele Alltagsprobleme von Rom:nja gefunden wurden. Als Jurist verteidige ich die Rechte und Interessen der Rom:nja seit 30 Jahren, auch vor Gerichten.
Das beratende Gremium halte ich für einen sehr wichtigen und notwendigen Teil des Programms Latscho Diwes, sozusagen als Vertretung und Verteidigung der Interessen von Rom:nja-Selbstorganisationen und ich bin stolz darauf, dass die Gemeinschaft mich für die Mitgliedschaft empfohlen hat. Ich hoffe, dass meine Arbeit dem Programm helfen wird, die Probleme und Bedarfe der Rom:nja in der Ukraine klarer zu sehen, insbesondere in Zeiten des Krieges.
Janush Panchenko, Ukraine
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Ukrainischer Ethnograf mit Rom:nja Abstammung mit Schwerpunkten auf Sprache, Kultur und Geschichte der Rom:nja. Zurzeit arbeite ich an einer Doktorarbeit bei der Nationalen Universität in Saporishshja. Außerdem sammle ich Zeitzeugnisse von Überlebenden des Genozids an den Rom:nja während des Zweiten Weltkriegs und leite „Romano Tchan“ – das erste Romani Jugendkulturzentrum in der Ukraine und im postsowjetischen Raum.
Die Motivation an der Arbeit des beratenden Gremiums teilzunehmen, hängt mit dem Wunsch zusammen, zukunftsfähige und qualitativ gute Projekte zu identifizieren und zur Förderung zu empfehlen, die zur Unterstützung von Überlebenden des Genozids an den Rom:nja sowie zur Weiterentwicklung der Romani Kultur in der Ukraine und der Republik Moldau beitragen. Dies ist besonders wichtig in der Zeit des russischen Angriffs auf die Ukraine, der zur Verschlechterung der ohnehin schwierigen Lage der Rom:nja-Gemeinden geführt hat.
Gesuchtes Projekt nicht gefunden oder neugierig auf weitere?
Projektkoordination
Tel.: +49 (0)30 25 92 97-47
E-Mail: valtchuk@stiftung-evz.de