© Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e. V.
Im Projekt Unter Druck? Medien & Antisemitismus im NS-Staat & heute setzen sich Medienmachende mit den Kontinuitäten antisemitischer Ideologien, ihrer medialen Verbreitung und mit antidemokratischen sowie (strukturell) antisemitischen Angriffen auf Medien auseinander.
1. Wie ist die Idee zu Ihrem Projekt entstanden und warum haben Sie sich für diesen Ansatz entschieden?
Die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V. engagiert sich seit vielen Jahren in der politischen Bildungsarbeit gegen Antisemitismus und Rassismus. Besonders die Arbeit mit Multiplikator:innen hat sich dabei als zentral erwiesen. Journalist:innen spielen in diesem Kontext eine entscheidende Rolle: Sie prägen gesellschaftliche und politische Diskurse maßgeblich und können dabei, bewusst oder unbewusst, antisemitische Narrative und Codes weiterverbreiten.
Der Journalismus hat historisch betrachtet eine zentrale Rolle bei der Verbreitung antisemitischer Ideologien gespielt, vor, während und nach der NS-Zeit. Viele dieser Narrative wirken bis heute fort. Außerdem stehen viele Medienmachende heute unter prekären Arbeitsbedingungen und sind immer seltener institutionell angebunden. Das stellt uns vor die Herausforderung, Bildungsangebote zu entwickeln, die möglichst viele Menschen erreichen, sowohl innerhalb von Redaktionen als auch darüber hinaus. Unser Projekt setzt deshalb auf drei ineinandergreifende Formate:
Durch diese Kombination entsteht eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema „Medien & Antisemitismus im Nationalsozialismus & heute.“
2. Wie stärken Sie die Handlungskompetenz von Medienmachenden im Umgang mit aktuellem Antisemitismus und welche Rückmeldungen haben Sie von den teilnehmenden Journalist:innen erhalten?
Antisemitismus ist eine wahnhafte Ideologie, die nichts mit der tatsächlichen Realität jüdischen Lebens zu tun hat und dennoch stellt er weltweit eine alltägliche Bedrohung für Juden:Jüdinnen dar. Die Geschichte zeigt, dass dieser Wahn immer wieder zu Gewalt und Pogromen führt, mit der Shoah als grausamstem Höhepunkt. Deshalb geht es uns nicht nur darum, Fakten zu vermitteln, sondern auch darum, die psychologische Funktion von Antisemitismus zu verstehen.
Aus diesem Verständnis heraus setzen wir auf Selbstreflexion: Journalist:innen sollen durch die Auseinandersetzung mit der Geschichte und den aktuellen Formen von Antisemitismus erkennen können, wo antisemitische Narrative in ihrer Arbeit auftauchen und wie bestimmte mediale Mechanismen wie Clickbait, Emotionalisierung oder Verkürzung die Reproduktion von Stereotypen begünstigen.
Unsere Formate sind dabei sehr praxisnah: Wir arbeiten mit echten Medienbeispielen und führen Interviews mit jüdischen Journalist:innen/Publizist:innen wie Philipp Peyman Engel oder Laura Cazés. Sie teilen ihre persönlichen Erfahrungen als Medienmachende und geben konkrete Dos and Don’ts an die Hand.
Besonders viel positives Feedback bekommen wir zu den ganz konkreten Hinweisen zum Beispiel zur Formulierung „jüdische Mitbürger:innen“, die häufig gut gemeint ist, aber trotzdem ein Othering betreibt, weil sie Juden:Jüdinnen sprachlich aus der Mehrheitsgesellschaft herausstellt. Auch die Analyse antisemitischer Codes kommt sehr gut an, zum Beispiel das Motiv des „Kindermörders“, das im Mittelalter entstanden ist und bis heute in Verschwörungsmythen, oder in der Berichterstattung über Israel codiert vorkommt.
3. Am 17. September veranstalten Sie eine Fachtagung: Was steht auf dem Programm und wo kann man sich anmelden?
Am 17. September findet unsere journalistische Fachtagung „Unter Druck? Zum Spannungsfeld von Medien & Antisemitismus“ statt. Die Tagung soll ein Ort des Austauschs und der Vernetzung sein aber auch Raum geben, um sich ganz konkret mit der journalistischen Praxis im Spannungsfeld auseinandersetzen.
Einerseits erleben Medienmachende zunehmend antidemokratische Anfeindungen. Andererseits stellen Themen wie der Nahostkonflikt, Kriege in Gaza oder Iran sie unter enormen Druck: unklare Quellenlage, hoher Zeitdruck, Erwartung von Echtzeitberichterstattung, Konkurrenz von Social Media und gleichzeitig wenig Wissen und Sensibilität zum Thema Antisemitismus. Besonders jüdische Journalist:innen oder Menschen, die sich kritisch mit Antisemitismus beschäftigen, stehen derzeit stark unter Druck. Das wollen wir offen ansprechen und ins Gespräch kommen.
Mit dabei sind renommierte Expert:innen wie Ronen Steinke, Hanna Veiler, Esther Schapira, Laura Cazés, Jörg Reichel, Rosa Jellinek, Christina Feist, Jonas Hessenauer vom Tikvah-Institut sowie unsere Kolleg:innen vom EVZ-Projekt History Unit von n-ost.
Geplant sind eine Keynote, ein Podiumsgespräch, praxisnahe Workshops sowie die Vorstellung unserer Bildungsmodule und die Eröffnung der Wanderausstellung.