over and over nicht vorbei

Ted Hearne (Komposition) und Daniel Fish (Regie) begeben sich gemeinsam mit fünf Sänger:innen, einem Kammerorchester und einem Jugendlichen-Chor auf eine Reise durch die deutsche und US-amerikanische kollektive Erinnerung, befassen sich mit deren Einfluss auf die jüngeren Generationen und kreieren dabei die Uraufführung „over and over nicht vorbei“. In dieser Inszenierung setzt sich eine Gruppe Jugendlicher auf singende Weise mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auseinander und schlägt dabei eine Brücke zwischen den Zeiten und dem Material.

Archivdokumente zur NS-Zeit und zur US-amerikanischen Verfassung, Reden zu gegenwärtigen politischen Debatten und analoges und digitales Material werden zum Anlass genommen, sich auf der Bühne über Formen des Erinnerns zu verständigen, dominierende Narrative über Vergangenes zu hinterfragen und dadurch ein heutiges, kritisches politisches Bewusstsein zu fördern.

Das historische Material wird dabei zum Sprungbrett für ein sinnliches und spielerisches Musiktheater von und für Jugendliche.  
Komponist Ted Hearne lässt sich vom politisch motivierten und zwischen Experiment und Unterhaltung changierenden Werk Kurt Weills inspirieren, der als jüdischer Komponist aus Nazi-Deutschland fliehen musste. Uraufgeführt wird „over and over nicht vorbei“ im Februar 2024 im Rahmen des Festivals Schall&Rausch der Komischen Oper Berlin. 

Begleitet wird das Projekt durch ein speziell für das jugendliche Publikum entwickelte Vermittlungs-Programm, das von den Musiktheaterpädagog:innen der Komischen Oper Berlin im Austausch mit den politisch-historischen Bildungsexpert:innen der Arolsen Archives geleitet wird. 

Datenblatt

Kooperationspartner: Arolsen Archives
Förderland: Deutschland
Laufzeit: 01.12.2022 bis 31.12.2024

komische-oper-berlin.de

Erklärung der Stiftung EVZ zum Musiktheaterstück der Komischen Oper „over and over – vorbei nicht vorbei“

Im Rahmen des Programms Bildungsagenda NS-Unrecht fördert die Stiftung EVZ das Projekt der Komischen Oper „History Lesson: Ein partizipatives Musiktheaterprojekt zum musikalischen Erbe des jüdischen Komponisten Kurt Weill“.
Es gehört zu den Projekten im Cluster Bilden in kulturellen Räumen, das schöpferische Formen und empathiefördernde Auseinandersetzung mit Erinnerung und Geschichte verbindet.  Diese Projekte zeichnet aus, dass sie neue künstlerische Zugänge zur Geschichte des Nationalsozialismus und ihrer Fortwirkungen eröffnen.

Wie alle Förderprogramme der Stiftung EVZ steht auch die Bildungsagenda NS-Unrecht für gegenwartsrelevantes Erinnern, opferzentrierte (Erzähl)Perspektiven und kritisches Geschichtsbewusstsein. Dazu gehört, vor dem Hintergrund zunehmend diverser Erinnerungskulturen, auch andere Sichtweisen in das eigene (nationale) Gedächtnis zu integrieren.

Für das Projekt „History Lesson“ entstand das Musiktheaterstück „over and over – vorbei nicht vorbei“ des US-amerikanischen Komponisten Ted Hearne und des US-amerikanischen Regisseurs Daniel Fish. Es wurde im Rahmen des „Schall & Rausch Festivals für brandneues Musiktheater“ der Komischen Oper am 9. Februar 2024 in Berlin uraufgeführt.

Die beiden Künstler setzen mit ihrem Stück das Anliegen des Projektes um: Sie beschäftigen sich mit dem musikalischen Erbe Kurt Weills, der in seinem Werk zwei Gewalterfahrungen verarbeitete – die des Nationalsozialismus in Deutschland und die des Rassismus in den USA. Sie knüpfen an dieses Erbe an, indem sie Lieder und Liedtexte dekonstruieren, die für diese beiden Gewaltgeschichten und die aus ihnen geborenen Traumata stehen. Damit schaffen Hearne und Fish neue – zumindest im deutschen Erinnerungskontext kaum wahrgenommene – künstlerische Verarbeitungen doppelter Gewalterinnerungen, die nicht nur die Exilkultur in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg prägten, sondern noch heute hochaktuell sind.

Ted Hearne und Daniel Fish haben sich kurzfristig entschlossen, in das Musiktheaterstück eine Kurzintervention zum aktuellen Gaza-Krieg aufzunehmen. Der Bezug zum Stück wirft Fragen auf. Von der potenziell lesbaren Botschaft dieser Intervention, es existiere eine direkte Linie von der Staatsgründung Israels 1948 zum aktuellen Gaza-Krieg, distanzieren wir uns als Stiftung EVZ ausdrücklich.

Die Stiftung EVZ steht mit ihrem Engagement fest an der Seite Israels und der Jüdinnen und Juden in Deutschland und weltweit. Auch und gerade vor dem Hintergrund des Terroranschlages der Hamas gegen die israelische Bevölkerung am 7. Oktober 2023 und der ihm folgenden Welle von Antisemitismus auch in Deutschland dürfen wir keinen Raum für antisemitische Deutungen lassen.

Wir haben daher die Komische Oper Berlin um eine Klarstellung seitens des Hauses und der Künstler zur Botschaft dieser Intervention gebeten. Mit deren Klarstellung sind wir überzeugt, dass „over and over“ wichtige Impulse für ein kritisches Erinnern an die Gewaltgeschichte der USA und Deutschlands geben kann.